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FG Baden-Württemberg Beschluß vom 12.8.2015, 3 V 4193/13
Aussetzung der Vollziehung wegen ernstlicher
unionsrechtlicher Zweifel an den Vorschriften zur
Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG im Verhältnis zur
Schweiz
Tenor
1. |
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Die Vollziehung der
Feststellungsbescheide für die Feststellungsjahre 2003 und 2004
vom 28. September 2012, für die Feststellungsjahre 2005 bis
2009 vom 13. August 2012 und für die Feststellungsjahre 2010
und 2011 vom 29. Oktober 2012 wird bis einen Monat nach
Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ohne weitere
Sicherheitsleistung ausgesetzt. |
2. |
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Der Antragsgegner trägt
die Kosten des Verfahrens. |
3. |
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Die Beschwerde wird
zugelassen. |
Tatbestand
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I. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung betrifft
Feststellungsbescheide zur Hinzurechnungsbesteuerung für die
Jahre 2003 bis 2011 nach § 18 in Verbindung mit den
§§ 7 ff. des Außensteuergesetzes (AStG) in der
jeweils maßgeblichen Fassung (vgl. zur zeitlichen Anwendung
§ 21 AStG). |
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Der in X bei Y wohnende, im Jahr 1952 geborene
Antragsteller hatte auch in den Streitjahren einen
inländischen Wohnsitz. Er hielt und hält die Anteile an der M
AG (vgl. www... und Gerichtsakte Bl. 226 ff.), einer
Kapitalgesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in der
Schweiz (ursprünglich Z, seit 2013 W, vgl. Internet-Auszüge
der Handelsregister der Kantone W und Z,
Bl. 230 ff., vgl. Mietverträge
Bl. 125 ff., 137 ff.). Im Rahmen einer
Sachgründung hatte der Antragsteller im Dezember 2000 sein im
Jahr 1999 gegründetes schweizerisches Einzelunternehmen (M,
Handelsregisterauszug Bl. 163) in die neue
Aktiengesellschaft eingebracht (vgl. Vertragsakte
Bl. 1 ff.). Das Aktienkapital beträgt
100.000 CHF. Der Zweck der Gesellschaft wird mit „Suche
und Vermittlung
sowie Planung, Verkauf, Vermietung und
Verwaltung sowie Erwerb von Grundstücken und Liegenschaften;
Beteiligungen“ beschrieben. Ausweislich des Handelsregisters
war und ist der Antragsteller Geschäftsführer der M AG mit
Einzelzeichnungsbefugnis (vgl. Anstellungsvertrag,
Vertragsakte Bl. 15 ff.). Im Hinblick auf die
Bilanzen und Erfolgsrechnungen der M AG für die
Wirtschaftsjahre 2002 bis 2010 wird auf Bl. 144 ff.
der Gerichtsakte sowie auf die Bilanzakte des Antragsgegners
(des Finanzamts) verwiesen. Die von der Gesellschaft an ihre
Kunden in diesen Jahren berechneten Provisionen sind aus
Bl. 42 ff., 87 ff. der Gerichtsakte ersichtlich
(zusammenfassende Auflistung Bl. 87). |
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Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung des Finanzamts
A (Kurzbericht vom 30. August 2011 siehe Akte „Steufa A“,
Bl. 179 ff.) kam es zwischen den Beteiligten, der
Ehefrau des Antragstellers sowie den Finanzämtern Y und A im
Jahr 2012 zu einer tatsächlichen Verständigung über die
Besteuerungsgrundlagen. Auf dieser Grundlage erließ das
Finanzamt für die Jahre 2003 bis 2008 geänderte Bescheide über
die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG; wegen aller
Einzelheiten wird auf Bl. 235 ff. der Gerichtsakte
verwiesen (vgl. Bl. 156 ff. der Akte Feststellung
AStG). Bezüglich der Feststellungsbescheide nach § 18
AStG für die Jahre 2009 bis 2011 wird auf
Bl. 265 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen (vgl. zu
den vom Finanzamt festgestellten Hinzurechnungsbeträgen die
Auflistung in dessen Streitwertberechnung, Rechtbehelfsakte
Bl. 151). Ausdrücklich zugelassen wurde in der
tatsächlichen Verständigung „ein Rechtsbehelf zur Klärung der
Frage der Anwendung des Motivtests des § 8 Abs. 2
AStG im Verhältnis zur Schweiz“. Über die darauf abzielenden
Einsprüche des Antragstellers, welche die Feststellungsjahre
2003 bis 2011 betreffen, hat das Finanzamt bislang noch nicht
entschieden. |
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Die vom Antragsteller beantragte Aussetzung der
Vollziehung (vgl. Rechtsbehelfsakte Bl. 13 ff., 18)
lehnte das Finanzamt ab (Rechtsbehelfsakte
Bl. 47 f.). Durch Einspruchsentscheidung vom 28.
November 2013 (Gerichtsakte Bl. 8 f.) wies das
Finanzamt den diesbezüglichen Einspruch des Antragstellers als
unbegründet zurück. |
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Mit seinem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch das
Finanzgericht (FG) beruft sich der Antragsteller auf
ernstliche Zweifel in unionsrechtlicher, abkommens- und
verfassungsrechtlicher Hinsicht sowie auf das Vorliegen einer
unbilligen Härte. |
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Bei der nicht missbräuchlichen Ausübung einer
wirtschaftlichen Tätigkeit in der Schweiz sei ernstlich
zweifelhaft, ob die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß
§§ 7 ff. AStG auch im Fall der Erfüllung der
Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 AStG Anwendung finden
könne. Der Antragsteller macht geltend, bei Ausübung derselben
Tätigkeit in einem niedrig besteuerten Staat der Europäischen
Union (EU) wäre die Hinzurechnungsbesteuerung nicht anwendbar,
da die Ausübung der vorliegend gegebenen tatsächlichen
wirtschaftlichen Tätigkeit zur Folge hätte, dass der
Gegenbeweis (sog. Motivtest) als erbracht anzusehen wäre. Die
M AG betreibe in der Schweiz ein international tätiges
Maklerbüro für den Kauf/Verkauf und die Vermietung von
vorwiegend Schweizer Geschäftsliegenschaften in Fußgängerzonen
der größten Städte der Schweiz wie W, P und Z und vermittle
diese an in der Schweiz tätige Filialen internationaler
Konzerne. Die Maklertätigkeit sei im Wesentlichen vom
geschäftsführenden Antragsteller von den Büroräumen der AG aus
ausgeübt worden. Die nahezu ausschließliche Lage der
Geschäftsliegenschaften in der Schweiz habe eine ständige
Präsenz in räumlicher Nähe vorausgesetzt (Objektauswahl,
Objektbegutachtung, Gespräche mit den im Regelfall in der
Schweiz ansässigen Eigentümern, Durchführung von
Besichtigungen). Im Übrigen sei die Gründung einer Schweizer
AG schon allein aus Marketinggründen notwendige Voraussetzung
für eine erfolgreiche Maklertätigkeit auf dem Schweizer
Immobilienmarkt. Auf die vom Antragsteller vorgelegte
eidesstattliche Versicherung wird Bezug genommen (Gerichtsakte
Bl. 159). |
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Der Antragsteller stützt sich in unionsrechtlicher
Hinsicht auf die Niederlassungsfreiheit in Verbindung mit dem
Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (ABl.
2002, L 114, S. 6, im Folgenden: Freizügigkeitsabkommen) sowie
auf die auch im Verhältnis zu Drittstaaten anzuwendende
Kapitalverkehrsfreiheit. Er setzt sich ferner intensiv mit der
im Verhältnis zum Drittstaat Schweiz bereits ergangenen - und
ebenso der noch ausstehenden - nationalen und internationalen
Rechtsprechung insbesondere seit dem Urteil des Gerichtshofs
der Europäischen Union (EuGH, früher Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften) vom 12. September 2006
C-196/04 (Cadbury Schweppes, Slg 2006, I-7995) auseinander.
Abweichend von der Auffassung des Finanzamts spiele es im
Ergebnis keine Rolle, dass der EuGH die Entscheidung in dieser
Rechtssache auf die Niederlassungsfreiheit gestützt habe. Die
überzeugenderen Gründe sprächen vielmehr dafür, dass der EuGH
einen vergleichbaren Streitfall zur deutschen
Hinzurechnungsbesteuerung unter Berufung auf die
Kapitalverkehrsfreiheit mit dem gleichen Ergebnis entschieden
hätte. Neben der Kapitalverkehrsfreiheit finde hinsichtlich
der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung im Verhältnis zur
Schweiz über das Freizügigkeitsabkommen auch die
Niederlassungsfreiheit Anwendung. |
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Das Finanzamt erwecke zu Unrecht den Eindruck, dass die
Rechtsprechung des EuGH mangels Anwendbarkeit des Unionsrechts
für die Schweiz hier nicht relevant sei. Da die
Kapitalverkehrsfreiheit auch für Drittstaaten anzuwenden sei,
spiele es keine Rolle, ob die Schweiz Mitglied der EU oder des
Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sei. Die
Stand-still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV greife angesichts
wesentlicher Änderungen der Vorschriften über die
Hinzurechnungsbesteuerung im Jahr 2001 nicht ein. Ergänzt
werde die Rechtsprechung des EuGH durch jene des Gerichtshofs
der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Gerichtshof).
Der Antragsteller verweist auf ein Urteil dieses Gerichtshofs
zur norwegischen Hinzurechnungsbesteuerung vom 9. Juli
2014
E-3/13, E-20/13 (juris). Der EFTA-Gerichtshof sei
Dialogpartner des EuGH. |
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Die dargelegten Zweifel in rechtlicher Hinsicht begründet
der Antragsteller mit einer Vielzahl von Fundstellen aus dem
Schrifttum, datierend insbesondere aus den Jahren seit 2011
(zum Beispiel Haarmann, Wirksamkeit, Rechtmäßigkeit, Bedeutung
und Notwendigkeit der Hinzurechnungsbesteuerung im AStG, IStR
2011, 565; Kraft/Quilitzsch, Verbleibende unionsrechtliche
Schwachstellen der Hinzurechnungsbesteuerung nach den
legislativen Rettungsbemühungen in § 8 II AStG, EWS 2012, 130;
Linn, Kapitalverkehrsfreiheit trotz Mehrheitsbeteiligung in
Drittstaat - zugleich Auslegung des Urteils des EuGH in der
Rs. C-446/04, Test Claimants in the FII Group Litigation, IStR
2012, 924, 933; Schön, Deutsche Hinzurechnungsbesteuerung und
Europäische Grundfreiheiten, IStR-Beihefter 2013, 3; Sunde,
Entfalten die Grundfreiheiten ihre steuerlichen Auswirkungen
auch im Verhältnis zur Schweiz? Besprechung des EuGH-Urteils
vom 28.02.2013, C-425/11, Ettwein, IStR 2013, 568; Mitschke,
Direktes Europäisches Steuerrecht auf Schlingerkurs? - Eine
Bestandsaufnahme zum Jahreswechsel 2013/2014, IStR 2014, 37;
Kraft, Treaty Override und Hinzurechnungsbesteuerung -
Bestandsaufnahme und Handlungsbedarf, FR 2015, 328;
Kröger/Philipp, Keine Gewerbesteuerpflicht des
Hinzurechnungsbetrags - zugleich Anmerkung zu BFH, Urt. vom
11.03.2015 I R 10/14, DB 2015,
1432). |
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In verfassungsrechtlicher Hinsicht beruft sich der
Antragsteller auf Zweifel im Hinblick auf das Gebot der
Normenklarheit (vgl. Waldhoff/Grefrath, Normenklarheit und
Bestimmtheit der Vorschriften über die
Hinzurechnungsbesteuerung als Problem des Steuervollzugs, IStR
2013, 477; vgl. auch Maciejewski, Zielgenaue
Missbrauchsabwehr: Verfassungskonformität der
Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7-14 AStG, IStR 2013, 449).
Mit Blick auf § 20 Abs. 1 AStG bezieht er sich auf
jüngere Vorlagen des Bundesfinanzhofs (BFH) an das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu Normen, die ein Treaty
Override anordnen (vgl. Kraft/Schreiber, Treaty Override und
Hinzurechnungsbesteuerung - Bestandsaufnahme und
Handlungsbedarf, FR 2015, 328, und die anhängigen
BVerfG-Verfahren 2 BvL 1/12, 2 BvL 15/14 und 2 BvL 21/14 zu
den Vorlagebeschlüssen des BFH vom 10. Januar 2012 I R
66/09, BFHE 236, 304, vom 11. Dezember 2013 I R 4/13,
BStBl II 2014, 791 und vom 20. August 2014 I R 86/13,
BStBl II 2015, 18). | |
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Der Antragsteller verweist ferner auf zum vorliegenden
Fall erstellte Vermerke der Kanzlei D vom 11. Juni 2013,
vom 20. Januar 2014 und vom 10. April 2014
(Bl. 74 ff., 154 ff., 183 f.; das Wort
„postum“ auf Bl. 158 dürfte irrig gebraucht worden sein).
Darin wird die entsprechende Anwendung des Motivtests gemäß
§ 8 Abs. 2 AStG auf Drittstaaten unter Hinweis auf
die Niederlassungsfreiheit (Bl. 76 ff.) und die
Kapitalverkehrsfreiheit (Bl. 79 ff., vgl.
Bl. 80: „Direktinvestition in eine Kapitalgesellschaft
nach schweizerischem Recht“) bejaht. Verwiesen wird dort auch
auf die berufsrechtlichen Voraussetzungen für eine
Maklertätigkeit in der Schweiz, nach denen der Antragsteller
ohne Zwischenschaltung der in der Schweiz ansässigen
Kapitalgesellschaft dort nicht der Maklertätigkeit hätte
nachgehen dürfen (Bl. 74). |
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Das FG Münster habe im Urteil vom 30. Oktober 2014 2
K 618/11 F (EFG 2015, 351) die Revision nach § 115 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassen. Die
Zulassung
der Revision beweise, dass sehr wohl ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung im
Verhältnis zur Schweiz bestünden. |
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Zur geltend gemachten unbilligen Härte wird in der
Antragsbegründung vorgetragen, die Beitreibung der Steuer
würde für den Antragsteller einen irreparablen Schaden
verursachen, weil sie seine wirtschaftliche Existenz
vernichten würde. |
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Die Aussetzung der Vollziehung sei ohne
Sicherheitsleistung zu gewähren. Der Antragsteller habe auf
die aus den strittigen Feststellungsbescheiden resultierende
Einkommensteuerschuld von insgesamt ca. 700.000 EUR
bereits Zahlungen von ca. 230.000 EUR geleistet und dem
Finanzamt eine Bankbürgschaft über 315.000 EUR
vorgelegt. |
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Der Antragsteller hält eine mündliche Erörterung für
geboten und beantragt (vgl. Bl. 3, 200, 223 der
Gerichtsakte),
die Vollziehung der
Feststellungsbescheide gemäß § 18 AStG für die
Feststellungsjahre 2003 bis 2009 vom 13. August 2012 bzw.
29. September 2012 und für die Feststellungsjahre 2010
und 2011 vom 29. Oktober 2012 in vollem Umfang ohne
weitere Sicherheitsleistung auszusetzen. |
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Das Finanzamt beantragt (vgl. Gerichtsakte Bl. 187
R., 217),
den Antrag als unbegründet abzuweisen,
hilfsweise wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde
zuzulassen. |
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Es hält eine Erörterung nicht für zweckmäßig, da es
weisungsgebunden an der Ablehnung der Aussetzung der
Vollziehung festhalte. Die Einsprüche des Antragstellers
hätten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Es bestünden
weder verfassungsrechtliche noch unionsrechtliche Zweifel an
der Rechtmäßigkeit der
Feststellungsbescheide. |
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Das Finanzamt sieht die Streitfrage darin, ob der
Antragsteller aus unionsrechtlichen oder
verfassungsrechtlichen Gründen einen Motivtest beanspruchen
könne. Ob § 8 Abs. 2 AStG in allen
Veranlagungszeiträumen anwendbar gewesen sei oder nicht, sei
unerheblich (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen vom 8. Januar 2007, BStBl I 2007, 99). Der
Antragsteller könne jedoch unzweifelhaft keinen Motivtest
beanspruchen, so dass die beantragte Aussetzung der
Vollziehung nur im Fall einer unbilligen Härte der
Steuererhebung in Betracht kommen könnte. Nähere Umstände
dafür seien nicht substantiiert dargelegt. |
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Die Escape-Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 1
AStG sehe vor, dass der Steuerpflichtige nachweise, dass die
betroffene Gesellschaft im Sitzstaat einer tatsächlichen
wirtschaftlichen Betätigung nachgehe. Weitere Voraussetzung
sei nach § 8 Abs. 2 Satz 2 AStG, dass eine
entsprechende Auskunftsregelung vereinbart sei, damit die
Finanzbehörden die Angaben - soweit erforderlich - durch
Auskunftsersuchen nachprüfen könnten. § 8 Abs. 2
AStG sei anwendbar für Gesellschaften, die innerhalb der EU
oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens ihren Sitz oder
Ort der Geschäftsleitung hätten. Die Schweiz gehöre weder zur
EU noch sei sie dem EWR-Abkommen beigetreten. Der
Gesetzeswortlaut sehe keine Anwendung der Escape-Klausel auf
Drittstaaten wie die Schweiz vor. Es bestünden keine
ernstlichen Zweifel an der gesonderten Feststellung gemäß
§ 18 AStG, die eine Aussetzung der Vollziehung
rechtfertigten. |
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Sofern der EFTA-Gerichtshof die norwegischen Regelungen
der Hinzurechnungsbesteuerung als unvereinbar mit dem
EWR-Abkommen ansehe, könne diese Argumentation auf Steuerfälle
zur Schweiz nicht analog übertragen werden. In der Rechtssache
Cadbury-Schweppes (C-196/04) habe der EuGH durch das Urteil
vom 12. September 2006 entschieden, dass die britischen
Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung bei Controlled
Foreign Companies (sog. CFC-Rules) nicht mit der
Niederlassungsfreiheit vereinbar seien. Der Schutzbereich der
Niederlassungsfreiheit sei aber nur innerhalb der EU bzw. des
EWR-Raums zu prüfen, sie wirke sich im Verhältnis zu
Drittstaaten nicht aus. |
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Auch vor dem Hintergrund der neueren EuGH-Rechtsprechung
(zum Beispiel Urteil vom 11. September 2014 C-47/12, juris)
sei aufgrund der Mehrheitsbeteiligung in derartigen Fällen der
Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit einschlägig, nicht
jener der Kapitalverkehrsfreiheit. Einer „analogen“ Anwendung
der Niederlassungsfreiheit über das Freizügigkeitsabkommen
zwischen EU und der Schweiz fehle europarechtlich die
Grundlage. |
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Eventuell seien die Vertreter des Antragstellers der
Auffassung, einen Anspruch auf Gleichbehandlung bzw.
Nichtdiskriminierung gemäß dem Abkommen zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem
Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
(DBA-Schweiz) zu haben. Auch aus dem Freizügigkeitsabkommen
ergebe sich diesbezüglich nichts. Der Fall Ettwein (vgl. EuGH,
Urteil vom 28. Februar 2013
C-425/11, BStBl II 2013,
896) sei in keinem Punkt auf den vorliegenden Fall
übertragbar. Das Freizügigkeitsabkommen beinhalte keine
Vorschriften, die sich mit der Beteiligung an juristischen
Personen im Ausland befassten. |
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Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 AStG sei nach dem
Ergehen des Urteils in der Rechtssache Cadbury-Schweppes
(C-196/04) eingeführt worden, um die deutschen
Hinzurechnungsregelungen der §§ 7 ff. AStG
EU-konform zu gestalten. Aus der Sicht der deutschen
Finanzverwaltung sei die Regelung mit dem Unionsrecht
vereinbar. Insbesondere könnten sich - so das Finanzamt
zunächst - Gesellschafter, die einen sicheren Einfluss auf die
Gesellschaft in einem Drittstaat haben, bei der Anwendung der
Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung nicht auf die
Kapitalverkehrsfreiheit berufen. Wegen der deutschen
Hinzurechnungsbesteuerung seien derzeit - so das Finanzamt
zunächst - weder ein Vertragsverletzungsverfahren gegen
Deutschland noch andere nationale Gerichtsverfahren
anhängig. | |
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Im späteren Verlauf des Verfahrens wies das Finanzamt auf
das Urteil des FG Münster vom 30. Oktober 2014 2 K 618/11
F (EFG 2015, 351) und das insoweit anhängige
Revisionsverfahren I R 78/14 hin. Nach diesem Urteil stimmten
die §§ 7 ff. AStG in der für die Jahre 2005, 2006
und 2007 geltenden Fassung im Wesentlichen mit den
§§ 7 ff. AStG in der am 31. Dezember 1993
geltenden Fassung überein. |
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Zur Kapitalverkehrsfreiheit führte das Finanzamt aus, sie
sei vom Anwendungsbereich her zwar betroffen, weil der EuGH
nach seiner Grundsatzentscheidung im Urteil vom
13. November 2012 C-35/11 (IStR 2012, 924) hinsichtlich
der Abgrenzung der Grundfreiheiten grundsätzlich nur noch auf
die Norm abstelle, nicht mehr auf die Höhe der tatsächlichen
Beteiligung. Die Kapitalverkehrsfreiheit finde danach
Anwendung. Die Ausnahme, der zufolge es in bestimmten
Situationen doch auch auf die tatsächliche Beteiligungshöhe
ankommen solle, sei vorliegend nicht einschlägig. Eine
Direktinvestition werde angenommen werden
müssen. |
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Eine etwaige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei
jedoch gerechtfertigt. Zum einen hätten die §§ 7 ff. AStG
bereits am 31. Dezember 1993 bestanden, der
Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts trete daher wegen
der Stand-still-Klausel zurück (Hinweis auf FG
Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Oktober 2006 3 V 32/05,
FR 2007, 198). Zum anderen sei die Beschränkung
gerechtfertigt, weil es im Verhältnis zur Schweiz an einem
Rahmen des Auskunftsaustauschs fehle, wie er im Unionsraum
durch die Amtshilferichtlinie (vgl. § 8 Abs. 2
Satz 2 AStG) gewährleistet sei. Insofern sei die
Argumentation nicht schlüssig, wenn die EuGH-Entscheidung in
der Rechtssache Cadbury-Schweppes (C-196/04) für das Recht auf
einen Motivtest zitiert werde, diese Entscheidung aber doch
gerade in einem Unionsrechtsfall und gestützt allein auf die
Niederlassungsfreiheit ergangen sei. Dem Antragsteller sei
kein Motivtest einzuräumen, da feststehe, dass seine Angaben
nicht kontrolliert werden könnten. |
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des umfangreichen
Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte
verwiesen. |
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Dem Senat haben die Finanzamtsakten vorgelegen (Akte
Feststellung AStG, Rechtsbehelfsakte, Akte „Steufa A“,
Bilanzakte, Vertragsakte,
Betriebsprüfungsakte). |
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Entscheidungsgründe
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II. Der Antrag ist zulässig und begründet, so dass die
Feststellungsbescheide der Jahre 2003 bis 2011 im beantragten
Umfang von der Vollziehung auszusetzen sind. Die Anordnung
einer weitergehenden Sicherheitsleistung ist nicht geboten.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Beschwerde
zuzulassen. |
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1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der
Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen
Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung
soll unter anderem dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an
der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen
(§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche
Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits
dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen
Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände
gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder
Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder
Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher
Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem
BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87,
447, BStBl III 1967, 182; vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. April
2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437 und vom 16. Oktober 2012 I
B 128/12, BStBl II 2013, 30). Dabei müssen die für die
Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe nicht überwiegen (ständige
Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. August 2007
VII B 110/06, BFH/NV 2007, 2361; vom 16. Juni 2011 I B
28/11; vom 6. Februar 2013 XI B 125/12, BStBl II 2013,
983; vom 17. September 2013 VII B 160/13, BFH/NV 2014, 10 und
vom 14. November 2013 VII B 170/13, BFH/NV 2014, 387). Es
genügt, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig
auszuschließen ist wie sein Misserfolg; ist die Rechtslage
nicht eindeutig, ist im Regelfall die Vollziehung auszusetzen
(vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226,
85; vom 13. Oktober 2009 VIII B 62/09, BStBl II 2010, 180 und
vom 3. Mai 2012 V S 13/12, BFH/NV 2012, 1485). Ernstliche
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen
Steuerbescheids können schon dann bestehen, wenn ernstlich mit
einer Zulassung der Revision zu rechnen ist (vgl. BFH,
Beschluss vom 23. Januar 2015 IX S 25/14, BFH/NV 2015,
497). |
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2. Gemessen hieran lassen sich nach derzeitigem Stand der
Rechtsprechung zur Hinzurechnungsbesteuerung nach
§§ 7 ff. AStG im Fall von Drittstaaten ernstliche
Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht verneinen (vgl. Reiche in
Haase, AStG/DBA, 2. Aufl. 2012, § 7 AStG
Rn. 21 ff., zu Drittstaaten § 7 AStG
Rn. 26 und § 8 AStG Rn. 149 ff.). Das gilt
schon allein wegen der nicht höchstrichterlich geklärten
Vereinbarkeit mit den einschlägigen Grundfreiheiten des
Unionsrechts. Diese sind hier die Niederlassungsfreiheit gemäß
Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union -AEUV- (früher Art. 43 des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft -EG-) - im Fall der
Schweiz unter besonderer Berücksichtigung des
Freizügigkeitsabkommens (vgl. Reiche in Haase, a.a.O.,
§ 7 AStG Rn. 27, § 8 AStG
Rn. 150 ff.) - und die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß
Art. 63 AEUV (früher Art. 56 EG). Auf die Frage, ob
etwaige verfassungsrechtliche Zweifel für sich genommen
hinreichende ernstliche Zweifel begründen könnten, muss nicht
mehr eingegangen werden, weil die verfassungsrechtlichen
Fragen von den jedenfalls hinreichenden unionsrechtlichen
Zweifeln unabhängig sind und zu diesen allenfalls noch
hinzukommen. |
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a) Nach der gebotenen summarischen Prüfung des
beschließenden Senats erscheint nicht zuverlässig
vorhersehbar, wie der EuGH die Vereinbarkeit der
AStG-Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung für die
Streitjahre, im Verhältnis zu Drittstaaten generell und
insbesondere im Verhältnis zur Schweiz beurteilen wird. Zwar
hat das FG Münster jüngst durch das Urteil vom 30. Oktober
2014 (EFG 2015, 351) in einem die Schweiz betreffenden Fall
entschieden, dass die für gegeben erachtete Beschränkung der
Kapitalverkehrsfreiheit wegen der Fortbestandsgarantie für
Ende 1993 bereits bestehende Regelungen zulässig sei. Die
Stand-still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV (früher
Art. 57 Abs. 1 EG) gelte auch für Regelungen, die
nach dem 31. Dezember 1993 erlassen worden seien, aber im
Wesentlichen mit einer am 31. Dezember 1993 bestehenden
Regelung übereinstimmten. Die Alleinbeteiligung an der
Schweizer GmbH stelle zwar eine Direktinvestition dar, die
§§ 7 ff. AStG in ihrer in den Streitjahren (2004 bis
2006) geltenden Fassung stimmten jedoch, zumindest soweit sie
für den Streitfall maßgeblich seien, im Wesentlichen mit den
§§ 7 ff. AStG in der am 31. Dezember 1993
geltenden Fassung überein (Zitate: „so auch BFH-Urteil vom
21.12.2005 I R 4/05, BFHE 212, 226, BStBl II 2006, 555 für das
Streitjahr 1994; FG München, Urteil vom 07.12.2009 7 K
1390/07, EFG 2010, 622 für die Streitjahre 1996 bis 2001; FG
Baden Württemberg, Beschluss vom 26.10.2006 3 V 32/05, FR
2007, 198 für die Streitjahre 1999, 2001, 2002; FG Düsseldorf,
Urteil vom 28.11.2013 16 K 2513/12 G, EFG 2014, 304 für das
Streitjahr 2009; a. A. zumindest für Hinzurechnungen nach
dem 01.01.2001 Schönfeld in
Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 8
AStG Rn. 432“). Unabhängig von der Stand-still-Klausel
sieht das FG Münster einen weiteren Rechtfertigungsgrund für
einen etwaigen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit darin,
dass im Verhältnis zur Schweiz im Zeitraum 2004 bis 2006 kein
Amtshilfeabkommen in Steuersachen und auch kein Abkommen zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung mit einer der Richtlinie
77/799/EWG gleichwertigen Auskunftsregelung bestanden habe.
Nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. a DBA-Schweiz in
der für Zeiträume bis 2011 geltenden Fassung hätten die
zuständigen Behörden der Vertragsstaaten nur die zur
Durchführung des Abkommens notwendigen Auskünfte austauschen
können. Amtshilfe zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts
sei nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. b DBA-Schweiz
in der für Zeiträume bis 2011 geltenden Fassung nur bei
Betrugsdelikten gewährt worden. |
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Der beschließende Senat muss sich im Detail mit dem Urteil
des FG Münster ebenso wenig wie mit den insoweit
unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten des
vorliegenden Verfahrens auseinandersetzen. Denn der
Antragsteller weist zutreffend darauf hin, dass das FG Münster
die Revision im Urteil in EFG 2015, 351 zugelassen hat und
diese mittlerweile auch eingelegt wurde. Nach den Hinweisen
des BFH zum Gegenstand des insoweit anhängigen
Revisionsverfahrens I R 78/14 betrifft es insbesondere
die Frage, ob die Vorschriften des AStG über die
Hinzurechnungsbesteuerung unter Durchbrechung des DBA-Schweiz
gegen Verfassungsrecht und gegen die unionsrechtliche
Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Im Hinblick darauf dürften
gute Gründe dafür sprechen, dass das vom Finanzamt noch nicht
zum Abschluss gebrachte Einspruchsverfahren des Antragstellers
gegen die Feststellungsbescheide für die Jahre 2003 bis 2011
nun gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO zunächst von
Gesetzes wegen ruhen muss. |
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Hinzu kommt, dass der I. Senat des BFH im Urteil vom
11. März 2015 I R 10/14 (BFHE 249, 241) ausdrücklich
offen gelassen hat, ob die Hinzurechnungsbesteuerung im
Allgemeinen gegen die unionsrechtlich verbürgte
Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) verstoße, diese
Grundfreiheit ihrerseits trotz des Erfordernisses einer
Mindestbeteiligung nicht durch die Niederlassungsfreiheit
(Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) verdrängt werde und
deswegen drittstaatenweit wirke. Ebenso ließ der BFH im Urteil
in BFHE 249, 241 offen, ob die Drittstaatenwirkung an der
Stand-still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV
scheitern könnte. Die vom FG Münster in seinem Urteil (EFG
2015, 351) zitierte Auffassung, dass die
Hinzurechnungsbesteuerung auch noch für das Jahr 2009 durch
Art. 64 Abs. 1 AEUV gerechtfertigt werden könne
(Zitat Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2014, 304), hat der BFH
damit ausdrücklich nicht bestätigt. |
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Insgesamt betrachtet dürfte es nach derzeitigem Stand im
vorliegend relevanten Kontext der §§ 7 ff. AStG bei
Beteiligungen in der Schweiz ausscheiden, die Notwendigkeit
einer Vorlage an den EuGH unter Berufung auf die bereits
geklärte Rechtslage zu verneinen. Es dürfte nicht mit der nach
der acte-clair-Doktrin (vgl. z.B. die EuGH-Urteile vom
15. September 2005 - C-495/03 - Intermodal Transports,
Slg. 2005, I-8191 Rn. 33 und vom 6. Oktober 1982 - 283/81
-CILFIT, Slg. 1982, 3415Rn. 16, und die EuGH-Vorlage des BFH
vom 6. August 2013 VIII R 39/12, BFHE 242, 324, juris-Rn.
94; vgl. auch Kraft/Hohage, Die Itelcar-Entscheidung des EuGH
- ein Ausreißer? Eine Entgegnung zu Mitschke, IStR 2014, 174
<177 f.>) erforderlichen Gewissheit feststehen,
dass die Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß
§§ 7 ff. AStG im Verhältnis zu Drittstaaten in den
Jahren 2003 bis 2011 unionsrechtlich nicht zu beanstanden
waren. Dies gilt auch und gerade im Verhältnis zur Schweiz,
zumal zur Bedeutung des Freizügigkeitsabkommens für das
Steuerrecht bislang nur wenige Entscheidungen des EuGH
ergangen sind und eine mögliche Relevanz für die Fälle der
Hinzurechnungsbesteuerung nicht zweifelsfrei zu verneinen ist.
Das Freizügigkeitsabkommen trat am 1. Juni 2002 in Kraft
und ist für die Hinzurechnungsbesteuerung im Fall des
Antragstellers möglicherweise rechtlich relevant. Letztlich
ist für die Hinzurechnungsbesteuerung bislang nur das im Jahr
2006 ergangene Urteil in der Rechtssache Cadbury Schweppes
(C-196/04) unmittelbar aussagekräftig (vgl. dazu die
Ausführungen des BFH zu § 8 Abs. 2 AStG im Urteil
vom 21. Oktober 2009 I R 114/08, BStBl II 2010, 774,
juris-Rn. 25 ff.). Die Frage, ob die aus dieser
Entscheidung des EuGH mit der neuen Vorschrift des § 8
Abs. 2 AStG gezogenen Konsequenzen für das deutsche Recht
zu einer in jeder Hinsicht unionsrechtskonformen Umsetzung
geführt haben, ist mangels einer positiven Bestätigung durch
den EuGH bisher noch nicht verbindlich geklärt worden und
derzeit ernstlich zweifelhaft (vgl. Reiche in Haase, AStG/DBA,
2. Aufl. 2012, § 7 AStG Rn. 24, § 8 AStG
Rn. 122 ff.; Köhler in Struck/Kaminski/Köhler,
AStG/DBA-Kommentar, Rn. 19 ff., 40 ff. vor
§§ 7-14 AStG, Stand: Juni 2013;Schön, IStR-Beihefter
2013, 3, Ditz/Quilitzsch, Die Änderungen im AStG durch das
AmtshilfeRLUmsG - Quo vadis Außensteuergesetz?, DStR 2013,
1917; Blümich/Vogt, AStG, § 8 Rn. 4, Stand: August 2014; Gropp
in Lademann, AStG, Handkommentar, 2011,
Einf. §§ 7-14,
Rn. 47 ff.). | |
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Für Drittstaaten und insbesondere für die Schweiz bestehen
gleichfalls, wenn nicht gar erst recht unionsrechtliche
Zweifel (vgl. Reiche in Haase, a.a.O., § 8 AStG
Rn. 149 ff; Blümich/Vogt, a.a.O.,
Rn. 88 ff. vor §§ 7-14, Stand: Juni 2014, und
§ 8 Rn. 159, Stand: August 2014; vgl. in diesem
Kontext auch Patzner/Nagler, Drittstaatenwirkung der
Kapitalverkehrsfreiheit contra Verwaltungsmoratorium; zu dem
Einzelrichter-Beschluss vom 26. Oktober 2006 3 V 32/05
eines früheren Mitglieds des beschließenden Senats vgl. ferner
bereits die damalige Anmerkung von Schönfeld, FR 2007,
200). |
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b) Angesichts der gegebenen ernstlichen Zweifel in
unionsrechtlicher Hinsicht muss auf die im Schrifttum
diskutierten verfassungsrechtlichen Zweifel (vgl.
Blümich/Vogt, a.a.O. § 8 Rn. 5, Stand: August 2014) nicht
mehr näher eingegangen werden. Das gilt für die Frage der
Normenklarheit (vgl. Waldhoff/Grefrath, IStR 2013, 477) und
die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Treaty
Override (vgl. § 20 Abs. 1 AStG und Kraft/Schreiber,
FR 2015, 328) wie auch für die typisierende, hinsichtlich der
25%-Grenze unverändert gebliebene Definition der
Niedrigbesteuerung trotz Absenkung des
Körperschaftsteuersatzes ab dem Veranlagungszeitraum 2008 von
25% auf 15% (vgl. hierzu auch Wissenschaftlicher Beirat
Steuern der Ernst & Young GmbH, Hinzurechnungsbesteuerung
und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, IStR
2013, 549). |
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3. Ob und inwieweit eine unbillige Härte vorliegt, bedarf
ebenfalls keiner Erörterung mehr. Der Antragsteller hat diese
Frage ersichtlich nicht als den Schwerpunkt seiner
Antragsbegründung verstanden. Der Hinweis des Finanzamts auf
die unzureichende Substantiierung ist zutreffend, ändert indes
nichts daran, dass der eigenständige Aussetzungsgrund
ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
Feststellungsbescheide nach § 18 AStG für die Jahre 2003
bis 2011 erfüllt ist. |
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4. Ausgehend vom Vorliegen dieser ernstlichen rechtlichen
Zweifel war die Aussetzung der Vollziehung antragsgemäß zu
gewähren. Nachdem der beschließende Senat den Vortrag des
Antragstellers bei verständiger Würdigung dahin verstanden
hat, dass die Aussetzung der Vollziehung ohne weitergehende
Sicherheitsleistung beantragt wird, war dem Antrag des
Antragstellers in vollem Umfang zu
entsprechen. |
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1. Gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 FGO ergeht die
vorliegende Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Ein
vorheriger Erörterungstermin vor dem Senat oder dem
Berichterstatter erschien nicht zuletzt angesichts des klaren
Verweises des Finanzamts auf die bestehende
Weisungsgebundenheit entbehrlich. |
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1
FGO. |
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3. Die Zulassung der Beschwerde wegen grundsätzlicher
Bedeutung beruht auf § 128 Abs. 3 FGO in Verbindung
mit § 115 Abs. 2 FGO. Der vom Finanzamt vertretenen
Verneinung ernstlicher Zweifel dürfte eine einheitliche
Meinungsbildung der Finanzverwaltung unter Einbeziehung des
Bundesministeriums der Finanzen, des Ministeriums für Finanzen
und Wirtschaft Baden-Württemberg und der Oberfinanzdirektion
Karlsruhe zugrunde
liegen. | |
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